Impulse / Texte
Vertrauen und
Verantwortungsübergabe
Dr. Arlena Jung
In der heutigen Arbeitswelt sind Vertrauen und Verantwortungsübergabe wichtiger denn je. Die steigende Komplexität von Arbeitsaufgaben, eine immer schnellere Veränderung von Produktanforderungen sowie ein Wertewandel hin zu mehr Autonomie und Selbstständigkeit erfordern neue Arbeitsformen. Agilität und Selbststeuerung, New Work sowie die Zusammenarbeit in virtuellen und verteilten Teams setzen auf Verantwortungsübergabe sowie ein lösungsorientiertes und kooperatives Miteinander.
Ohne ein gegenseitiges Grundvertrauen ist jedoch jegliches Bemühen in diese Richtung zum Scheitern verurteilt. Was können Führungskräfte also tun, um eine gute Basis für Vertrauen und Verantwortungsübergabe zu schaffen?
Vertrauen und Kontrolle
Vielleicht kennen Sie den berühmten Spruch von Lenin „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“? Dieser Spruch beinhaltet m.E. ein weitverbreitetes Missverständnis darüber, was Vertrauen im Zwischenmenschlichen eigentlich bedeutet. Vertrauen wird nämlich selbstredend mit einem Verzicht auf Kontrolle gleichgesetzt.
Um Verantwortung zu übergeben, muss ich meinen Mitarbeiterinnen und Kollegeninnen nicht nur etwas zutrauen, ich muss ihnen auch vertrauen. So weit so gut. Wenn aber nun Vertrauen als Grundlage von Verantwortungsübergabe gesehen wird und Vertrauen mit Verzicht auf Kontrolle gleichgesetzt wird, wird es schwierig. Dies ist aber just das Gleichnis, das beim Thema Vertrauen in den Köpfen vieler Führungskräfte unreflektiert mitschwingt….sowie auch in den Köpfen vieler Mitarbeiter.
Vertrauen in Reife Teams
Vertrauen und Verantwortungsübergabe ohne Kontrolle kann gut gehen, zumindest dann, wenn ich ein sehr reifes Team habe. In einem reifen Team haben die Mitarbeiter eine tiefe Überzeugung, die anstehenden Herausforderungen selbstständig meistern zu können. Sie bringen Lust an Gestaltung und Verantwortungsübernahme mit. Wenn ich in diesem Kontext Vertrauen schenke, erzeuge ich mit meinem Vertrauen einen Raum, der mit Energie und Tatendrang gefüllt wird. Reife Teams mit erfahrenen, souveränen und verantwortungsbewussten Mitarbeitern kommen ab dem ersten Tag wunderbar mit Selbststeuerung, agilen Tools und Praktiken zurecht.
Vertrauen und Hierarchie
Es wird aber immer wieder Teams geben, mit denen ich erst die für die Selbststeuerung notwendige Reife entwickeln muss. Und dies insbesondere in Unternehmen, die sich gerade auf den Weg machen, den Übergang von einer etwas hierarchisch geprägten Kultur zu agilen Arbeitsweisen zu bestreiten. In solchen Firmen sind die Mitarbeiter lange in hierarchische Strukturen hineingewachsen. Und dies bedeutet, sie haben gelernt Verantwortung abzugeben und sich auf die Kompetenz und Erfahrung ihrer Vorgesetzten zu verlassen. In einer hierarchisch geprägten Kultur hat der Mitarbeiter nie Gelegenheit gehabt, in die eigene Fähigkeiten und Kompetenzen zu vertrauen. Vielleicht hat er nicht einmal ausreichend Gelegenheit gehabt, die entsprechenden Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln. Und nun soll er in Verantwortung gehen und alles selbst können?
Lassen Sie uns jetzt, um das Bild etwas zu verschärfen, in einen Kontext hineindenken, indem auf Fehler und Leistungsmängel mit Beschämung, Herabwürdigung oder Konsequenzen geantwortet wird. In einem solchen Kontext wird es den Mitarbeitern nicht nur an das notwendige Selbstverstrauen und an dem erforderlichen Gestaltungswillen fehlen. Das für die Verantwortungsübernahme notwendige Vertrauen in den eigenen Vorgesetzten wird auch fehlen. Nur wenn ich mich sicher fühle, traue ich mich in Verantwortung zu gehen.
Was wir hier vorfinden ist also eine leider nicht so seltene Wechselwirkung. Der Mitarbeiter fühlt sich abgewertet und entmündigt. Er antwortet mit Resignation, Dienst nach Vorschrift und/oder subversives Verhalten. Der Vorgesetzte sieht seine schlimmsten Annahmen bestätigt: Er ist umgeben von inkompetenten, unmotivierten und teils sogar respektlosen Mitarbeitern. Seine Lösung: Die Zügel mit weiteren Vorgaben, Unterweisungen und Kontrollen noch enger zu ziehen.
Wir sehen also, Kontrolle im Sinne eines hierarchischen Durchregierens ist in der Tat schädlich. Und dies möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich festhalten. Es enthält nämlich alle Komponenten einer selbsterfüllenden Prophezeiung und beinhaltet alle Zutaten, die erforderlich sind, um eine Spirale des Misstrauens zu erzeugen.
Spirale des Misstrauens
Was wir hier häufig beobachten, ist also eine Negativspirale von Vertrauensmangel, immer detaillierteren Vorgaben, Unterweisungen und Kontrollen, mangelndem Selbstvertrauen, Demotivation und Desidentifikation. Nicht immer sind Demotivation und Desidentifikation aber die Folge von Vertrauensmangel und ein Durchregieren nach unten.
Handelt es sich um Mitarbeiter oder Kollegen, die einen starken inneren Antrieb haben, etwas zu leisten und im Beruf voranzukommen, kann die Wirkung eine andere sein. Auch hier wird ein ausgeprägtes Kontrollverhalten die Kooperationsbereitschaft meiner Kollegen und Mitarbeiter minimieren. Weil sie einen starken inneren Antrieb haben, etwas zu leisten und voranzukommen und die entsprechende Überzeugung der eigenen Fähigkeiten, bleiben meine Mitarbeiter und Kollegen motiviert. Anstatt die Identifikation und Orientierung an gemeinsamen Zielen zu fördern, habe ich mit meinem Kontrollverhalten den Nährboden für Konkurrenzverhalten, Opportunismus und Mikropolitik geschaffen.
Spirale des Vertrauens
Genauso wie Misstrauen kann aber auch Vertrauen wie eine selbsterfüllende Prophezeiung funktionieren. Was wir dann erleben ist die positive Dynamik einer Aufwärtsspirale des sich gegenseitig verstärkenden Vertrauens und der sich gegenseitig verstärkenden Kooperations- und Leistungsbereitschaft.
Vertrauen ist ein starker Antrieb. Vertrauen beginnt mit Zuversicht. In meiner Verantwortung und Rolle als Führungskraft meinen Mitarbeitern zu signalisieren, dass ich ihnen vertraue und auch zutraue die ihnen gestellten Aufgaben aus eigener Kraft und eigenverantwortlich zu bewältigen, drückt eine tiefe Würdigung und Wertschätzung aus. Ich signalisiere, dass ich ihnen auch die gute Absicht unterstelle, dies nach dem eigenen Können und Fähigkeiten auch bestmöglich zu tun. Vertrauen enthält also eine starke Du-Botschaft. Wer diese Du-Botschaft hört, will dieses Bild mit seinem Verhalten in aller Regel nicht enttäuschen.
Eine auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit hat auch den positiven Nebeneffekt der Komplexitätsreduktion. Anstatt das Handeln meiner Kollegen und Teammitglieder ständig zu hinterfragen, immer auf der Hut zu sein, um nicht übervorteilt zu werden, unterstelle ich meine Kollegen und Mitarbeiter, das für alle Beteiligten bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Vertrauen ist aber nicht nur eine kognitive Angelegenheit. Um die tiefe Wirkung von Vertrauen wirklich zu verstehen, ist es wichtig sich die affektiv-emotionale Ebene von Vertrauen zu vergegenwärtigen. Zu vertrauen, bedeutet mich auf andere verlassen zu können, mir ihres Wohlwollens gewiss zu sein. Und dies gibt mir wiederum ein tiefes Gefühl der Sicherheit und der Geborgenheit und damit auch ein Gefühl der Zugehörigkeit, die mit sozialem Zusammenhalt einhergeht.
Misstrauen und Vertrauensverlust tun Weh!
Wenn Vertrauen verloren geht, tut es in einem sehr wörtlichen Sinne weh. So haben neurowissenschaftliche Studien gezeigt, bei Probanden, die sich unfair behandelt fühlen, wird das sogenannte anteriorer Insula aktiviert. Dies ist ein Teil des Gehirns, das für Schmerz-, Ekel- und Konfliktverarbeitung zuständig ist.
Zahlreiche spieltheoretische Experimente zeigen, Probanden verzichten lieber ganz auf eine Belohnung als eine unfaire Belohnung anzunehmen. Die bekanntesten Experimente sind das Ultimatum Spiel und das Diktator Spiel.
Interessanterweise scheint das Bedürfnis gerecht behandelt zu werden, nicht nur bei Menschen angelegt zu sein. Tierexperimente zeigen auch Affen und Hunde, die eine Ungleichbehandlung erleben, weigern sich zu kooperieren. Manchmal fühlt es sich eben besser an gar keine Belohnung zu bekommen, als die mit einer unfairen Belohnung einhergehende Abwertung der eigenen Leistungen und der eigenen Person zu akzeptieren. Vielleicht kennen Sie das Gefühl?
Wir alle haben also ein tiefes Bedürfnis nach auf Vertrauen und Wohlwollen basierende Beziehungen. Die entscheidende Frage ist also: Wie ist die Entstehung von einer Misstrauensspirale zu verhindern und den Boden für eine Aufwärtsspirale des gegenseitigen Vertrauens, der Kooperations- und Leistungsbereitschaft zu bereiten?
Das Vertrauensdilemma
Um den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt gerecht zu werden, sind motivierte, kreative und verantwortungsbewusste Mitarbeiter gefragt. Um ihre Kreativität und ihr Engagement zu entfalten und um Verantwortung zu übernehmen, brauchen diese Mitarbeiter wiederum Führungskräfte und Vorgesetzte, die ihnen Entsprechendes zutrauen. Nur dann werden die Führungskräfte ihren Mitarbeitern den Freiraum geben, den sie brauchen, um Verantwortung zu übernehmen.
Dies bedeutet aber für viele Führungskräfte ein Vertrauensdilemma. In einer immer weniger von standardisierten Routineaufgaben geprägten Arbeitswelt, sind die Anforderungen, um Produkte und Dienstleistungen in der erforderlichen Qualität zu liefern, hoch. Klar gibt es immer einzelne Mitarbeiter, denen ich es zutraue, diese Anforderungen gerecht zu werden. Die meisten meiner Mitarbeiter mit diesen Anforderungen allein laufen zu lassen, erlebe ich als Führungskraft nicht selten als fahrlässig. Und dies in Arbeitskontexten, in denen nicht selten viel auf dem Spiel steht, für das ich letztendlich in meiner Rolle als Führungskraft verantwortlich bin. Es widerspricht meinem Verantwortungsgefühl und löst ein vielleicht nicht ganz unbegründetes Gefühl von Angst und Unsicherheit aus.
Diese ganz bestimmte Art von Angst und Unsicherheit, die Führungskräfte haben, wenn sie Verantwortung übergeben, ohne die entsprechende Vertrauensgrundlage zu haben, ist ganz typisch für allerlei Lebenssituationen, in den Menschen unter ein Gefühl von Kontrollverlust leiden. Und genau darum geht es letztendlich.
Mit der zunehmenden Komplexität der Arbeitsaufgaben und Produktanforderungen bin ich als Führungskraft nicht mehr in der Lage die Arbeitsabläufe meiner Mitarbeiter in der Detailtiefe zu kontrollieren, die erforderlich wären, um wirklich die Situation unter Kontrolle zu haben.. Ich muss mit -anderen Worten- sie selbstständig arbeiten lassen. Ich muss Verantwortung abgeben. Wie aber kann ich Verantwortung übergeben, wenn mir die entsprechende Vertrauensgrundlage fehlt?
Vertrauen und der „leap of faith“
Wenn es um Vertrauen geht, wird im englischen häufig von einem notwendigen „leap of faith“ gesprochen. „Leap of faith“ bedeutet so viel wie Vertrauensvorschuss oder Glaubenssprung oder Sprung ins Ungewisse. Unter Skateboardern bezeichnet der „leap of faith“ ein Sprung an einem amerikanischen High School in Kalifornien von 6 Meter Höhe über ein Treppengelände, der lange Zeit als schwerste Sprung der Welt bekannt war.
Beim diesem „leap of faith“ steht viel auf dem Spiel. Liefern meine Mitarbeiter Arbeiterergebnisse nicht in der erforderlichen Qualität, entstehen wirtschaftliche Schäden, teils sogar mit rechtlichen Folgen. Wird mein Vertrauen missbraucht, kann es mir meine Entwicklungschancen und Karrieremöglichkeiten kosten.
Vertrauen, dass auf einem „leap of faith“ basiert, kann aber sogar dann, wenn mein Vertrauen nicht enttäuscht wird, viel kosten. Die Wahrscheinlichkeit ist nämlich hoch, dass ich es nicht wirklich schaffen werde loszulassen. Wenn ich tief im Inneren nicht wirklich davon überzeugt bin, dass meine Mitarbeiter sowohl die Kompetenz als auch die entsprechende Motivation und das entsprechende Verantwortungsbewusstsein haben, wird es mir nicht gelingen, konsequent Verantwortung zu übergeben. Da helfen alle guten Vorsätze und verordneten Verhaltensweisen nichts.
Wenn Vorgesetzte glauben, um Verantwortung abzugeben, auf Kontrolle verzichten zu müssen, ist das was wir beobachten, in der Psychologie als „double binds“ bekannt. Führungskräfte beginnen, mit Doppelbotschaften zu kommunizieren. Sie signalisiert, dass sie von ihren Mitarbeitern mehr Verantwortungsübernahme und Eigeninitiative erwarten, gleichzeitig ihnen aber nicht zutrauen die Aufgaben eigenständig in der erforderlichen Qualität zu erfüllen.
Die Botschaft der Vorgesetzten lautet dann: „Ich erwarte, dass Du für die Aufgaben die Verantwortung übernimmst und die Aufgabe eigenständig erledigst, obwohl ich es Dir eigentlich nicht zutraue, die Aufgaben in der erforderlichen Qualität zu erfüllen.“
Schlimmstenfalls kommt die Botschaft in einem für den Mitarbeiter noch schwierigen Gewand: „Löse die Aufgaben, so wie Du es für richtig hälts aber auch so, dass die Lösung dem entspricht, was ich für richtig halte, obwohl ich noch gar nicht weiß, was ich für richtig halte, da ich ja nicht so im Operativen stecke wie Du.“ Für den Mitarbeiter fühlt sich die Einladung Verantwortung zu übernehmen, wie eine Falle an, bei der er nur verlieren kann.
Mit diesen Doppelbotschaften sorgen Führungskräfte für demotivierte und unsichere Mitarbeiter. Dies aber meist ohne böse Absicht, sondern aus der inneren Not geboren, Verantwortung abgeben zu wollen und zu müssen, nicht aber abgeben zu können, weil die Vertrauensbasis fehlt.
Vertrauen und die doppelte Kontingenz
Bei Vertrauen spielt ein Phänomen, das in der Systemtheorie als doppelte Kontingenz eine entscheidende Rolle. Wenn ich einem Fremden begegne, weiß ich im ersten Moment nicht, was ich von ihm erwarten kann und ich weiß, dass er auch nicht weiß, was er von mir erwarten kann. Wie können wir also diese doppelte Kontingenz überwinden und ein auf gegenseitigem Vertrauen basierendes, kooperatives Miteinander aufbauen?
Vertrauen, das auf ein „leap of faith“ basiert, ist psychologisch wie auch wirtschaftlich potentiell schädlich. Vertrauen, das eine solide, gesunde und nachhaltige Grundlage hat, ist evidenzbasiert. Wenn ich diese Evidenz brauche, um vertrauen, loslassen und damit nachhaltig Verantwortung abgeben zu können, sind wir nicht wieder bei dem alten Modell von Kontrolle gelandet, das ja auch schädlich sein soll?
Nein. Um die doppelte Kontingenz zu überwinden und ein auf Vertrauen und Wohlwollen basierendes kooperatives und lösungsorientiertes Miteinander zu etablieren, braucht es Vertrauensbrücken.
Vertrauensbrücken
Was Führungskräfte und Mitarbeiter brauchen, sind also keine Angst auslösenden Sprünge ins Ungewisse. Sie brauchen Vertrauensbrücken.
Bei der Gestaltung von Vertrauensbrücken ist es wichtig, sich als Führungskraft selbst gut zu kennen. Ich will keine wackelige Hängebrücke, sondern eine Brücke, die für mich in meiner gegenwärtigen Situation mit den ganz konkreten Mitarbeitern, den ganz konkreten Aufgaben und meinen ganz konkreten Bedenken und Unsicherheiten eine solide Grundlage bildet. So sind beim Bau von Vertrauensbrücken ganz wichtige und absolut essentielle Zutaten: Selbstwahrnehmung, Selbstempathie und Selbstreflektion.
Qualitätskontrolle als Vertrauensbrücke
Ein Kernelement jeder Vertrauensbrücke ist und bleibt die Qualitätskontrolle. Aus führungspsychologischer Sicht ist Kontrolle aber eine heikle Angelegenheit. Kontrolle kann schnell als Zeichen von Misstrauen und fehlendem Zutrauen gedeutet werden, der Hinweis auf Mängel unangenehme, teils sogar aggressive Rechtfertigungsdebatten auslösen und auf lange Sicht demotivieren. Wie kann ich aber Qualitätskontrolle so gestalten, dass sie als Vertrauensbrücke funktioniert, und nicht geradewegs in die oben beschriebene Spirale des Misstrauens führt?
Entscheidend ist das Augenmerk und den Fokus auf die Inhalts- und Sachebene zu richten. Nicht die Person wird kontrolliert. Die Arbeitsergebnisse werden gemeinsam anhand transparenter, gemeinsam entwickelter Qualitätskriterien kontrolliert. Der Arbeitsprozess wird gemeinsam mit Blick auf Hindernisse, Herausforderungen und Stolpersteine im Sinne einer kontinuierlichen Prozessoptimierung und bei Qualitätsmängel im Sinne von Ursachenforschung evaluiert.
Häufig wird in diesem Zusammenhang von einer Trennung zwischen Sachebene und Person gesprochen. Um Qualitätskontrolle als Vertrauensbrücke gestalten zu können, ist es aber wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass auch wenn die Sach- und Inhaltsebene im Fokus ist, sie nie ganz von der der Person zu trennen ist. In der Regel und idealerweise identifizieren sich Mitarbeiter mit ihrer Arbeit. Arbeitsergebnisse in einer entsprechenden Qualität zu liefern, ist ihnen ein persönliches und wichtiges Anliegen. Nur wenn meine Mitarbeiter sich auch mit ihrer Arbeit identifizieren, habe ich intrinsisch motivierte Mitarbeiter. Und nur intrinsisch motivierte Mitarbeiter sind bereit und willens in Verantwortung zu gehen.
Vertrauen – eine Frage des Mindsets
Vertrauen und Verantwortungsübergabe ist also auch eine Frage der Haltung und des Mindsets. In meiner Führungsrolle bin ich mir sehr bewusst, aus welcher Haltung heraus ich das Gespräch gestalte und welche die darin enthaltenen Beziehungsbotschaften sind. Idealerweise transportiere ich bei der Qualitätskontrolle die Erwartung, dass meine Mitarbeiter vor allem von Erfolgen und Leistungen zu berichten haben werden. Mein Anliegen ist es, mich zu informieren und dabei meine Wertschätzung und Anerkennung für das Geleistete auszudrücken.
In meiner Verantwortung und Rolle als Führungskraft gilt mein Augenmerk auch dem Arbeitsprozess. Gerade wenn ich noch dabei bin Vertrauen aufzubauen und Verantwortung zu übergeben, ist ein kontinuierlicher und regelmäßiger Dialog über den Arbeitsprozess nicht zu unterschätzen. Ich frage regelmäßig und ausdrücklich nach aktuellen Herausforderungen und Hindernissen.
Mit meiner Haltung sorge ich dabei für eine Gesprächskultur, in der Transparenz und Offenheit gewürdigt und wertgeschätzt werden. Hindernisse und Herausforderungen werden nicht als Fehlschläge, Niederlagen und Scheitern gerahmt. Sie werden als Herausforderungen, die zum Arbeitsalltag dazu dazugehören und überwunden und bewältigt werden müssen, verstanden.
Ich bin weder daran interessiert, die Schuldfrage zu klären noch ist es mein Anliegen zu kritisieren. Ich bin aber auch nicht geneigt, bei Fehlschlägen die Verantwortung wieder an mich zu nehmen.
Mein Anliegen ist zunächst die Perspektiven und Sichtweisen meiner Mitarbeiter zu verstehen, ihre Ideen und Lösungsvorschläge aufzunehmen und erst dann meine eigenen einzubringen. Mit dieser Haltung bin ich der Lage eine sehr förderliche Beziehungsbotschaft zu transportieren. Ich zeige und stelle gerade dann, wenn meine Mitarbeiter verunsichert sind oder Unterstützung benötigen, klar wie ich meine Rolle und Verantwortung als Führungskraft verstehe. Meine Aufgabe ist es meinen Mitarbeitern im Schulterschluss beizustehen. Mein Anliegen ist es, Schwierigkeiten gemeinsam und auf Augenhöhe zu begegnen und zu lösen.
Die häufig mit Qualitätskontrolle assoziierte Haltung „Ich kontrolliere und bewerte Dich“ wird konsequent mit der Haltung ersetzt: „Wir kontrollieren, optimieren und überwinden -wenn notwendig- gemeinsam und im Schulterschluss “. Eingebettet ist diese Haltung in einem kontinuierlichen und offenen Dialog auf Augenhöhe über Qualitätskriterien, Arbeitsziele und -anforderungen, über übergeordnete und strategische Ziele.
Vertrauen und Transparenz
Vertrauen zu fördern und Verantwortungsübergabe konsequent zu leben, bedeutet Transparenz zu sichern mit Blick auf
- Arbeitsprozesse und Arbeitsabläufe sowie Qualitätkriterien
- die operativen Herausforderungen meiner Mitarbeiter und
- die Arbeitsergebnisse meiner Mitarbeiter
Qualitätskontrolle födert Vertrauen und Verantwortungsübergabe, wenn mein Fokus und meine Energie auf die Sicherstellung von Transparenz für alle Beteiligte gerichtet ist. Das Ziel ist gemeinsam auf Augenhöhe gemeinsam den Weg nach vorn zu definieren und immer wieder neu zu definieren. Dafür ist Transparenz unerlässlich.
Schwierige Mitarbeiter! Und nun?
Immer wieder gibt es die besonders schwierigen Mitarbeiter. Egal wie sehr ich mich um einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe bemühe, egal wie sorgfältig ich meine Vertrauensbrücken gestalte, die Arbeitsergebnisse werden nicht besser. Egal wie häufig ich schon Feedback- und Kritikgespräche geführt habe, ich kann mich weder auf die Qualität der Arbeitsergebnisse noch auf die Einhaltung von Vereinbarungen und Absprachen verlassen.
Wenn sich trotz wiederholter Gespräche und sorgfältig gestalteter Vertrauensbrücken keine Besserung einstellt und Arbeitsergebnisse nicht in der erforderlichen Qualität geliefert werden, ergibt Verantwortungsübergabe schlichtweg keinen Sinn. Meist fehlt es dem jeweiligen Mitarbeiter entweder an notwendigem inneren Antrieb, Kompetenz oder an einem grundlegenden Gefühl von Verantwortung.
In diesem Fall ist es wenig sinnvoll, immer wieder Kraft und Energie in eine erfolgreiche Verantwortungsübergabe zu investieren. Wichtig ist vielmehr, die Frage nach einer sinnvollen Alternative zur Verantwortungsübergabe rechtzeitig und konsequent zu stellen.
Je nach den organisatorischen Rahmenbedingungen kann eine Lösung darin bestehen, die Aufgabenbereiche meines Mitarbeiters anders zu definieren oder gar die Position anders zu besetzen. Wenn dies keine Möglichkeit darstellt, bleibt kein anderer Weg als zu akzeptieren, dass bei diesem ganz konkreten Mitarbeiter ich mehr Arbeit haben werde, um eigenverantwortlich die entsprechenden Arbeitsergebnissen zu sichern.
Verantwortung mitarbeiterorientiert Denken
Immer wieder erlebe ich in meiner Tätigkeit als Beraterin, dass Führungskräfte überzeugt sind, alles schon probiert zu haben, sich ihrer Doppelbotschaften gar nicht bewusst sind und das Entwicklungspotenzial bei sorgfältig gestalteten Vertrauensbrücken unterschätzen. Auch bei schwierigen Mitarbeitern ist es also wichtig im Dialog zu bleiben.
Wenn sich die notwendige Besserung nicht einstellt, ist ein erster wichtiger Schritt das Gespärch mit meinem Mitarbeiter zu suchen. Wo liegen aus seiner Sicht die Gründe dafür, dass keine positive Entwicklung zu verzeichnen ist? Welche Lösungsideen und -vorschläge hat er?
Wichtig ist sich zu vergegenwärtigen, dass echte Veränderung schwierig ist und niemanden wirklich leichtfällt. Bei manchen Mitarbeitern braucht Vertrauen und Verantwortungsübergabe ein paar Schleifen mehr. Falls nach zwei, drei weiteren Schleifen immer noch keine spürbare Entwicklung zu erkennen ist, ist es aber an der Zeit, Konsequenzen zu ziehen.
Der Vertrauensdreieck
Beim Thema Verantwortungsübergabe wird im Arbeitsleben das Augenmerk häufig und verständlicherweise ausschließlich auf die Inhalts- und Sachebene gerichtet. Da Verantwortungsübergabe aber Vertrauen voraussetzt, reicht dies nicht aus. Bei Vertrauen geht es auch um die Beziehungsebene und um Emotionen. Aber hier evidenzbasiert. Vertrauen, das eine stabile Basis hat und das Gefühl von Sicherheit und Zuversicht gibt, basiert auf dem, was ich gerne das Dreieck des Vertrauens nenne:
- Transparenz auf der Inhalts- und Sachebene,
- Kohärenz auf der Verhaltensebene und
- Gemeinsame Erwartungen, Normen, Werte, Ziele und Interessen.
Nur wenn das, was ich sage, wie ich es sage und das, was ich tue, ein stimmiges Ganzes bildet, werden mir die Menschen in meinem Umfeld vertrauen. Die Wahrnehmung von Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit Blick auf Ziele, Interessen, Werte, Normen, Einstellungen und Arbeitsweisen bildet eine weitere Grundlage für Vertrauen. Die Wahrnehmung von Ähnlichkeiten fördert das Empfinden von Empathie und die Identifikation mit meinem Team und anderen Mitarbeitern. Wenn ich das Gefühl habe, sie und ich sind uns ähnlich, gehe ich, oft unbewusst, davon aus, ihre Gefühlswelt, ihre Motive und ihre Handlungen verstehen und damit auch antizipieren zu können.
In meiner Verantwortung als Führungskraft bin ich gut beraten, regelmäßig Zeit für das Persönliche zu schaffen. Das Unbekannte im Zwischenmenschlichem, die vielen kleinen „black boxes“ lassen nämlich viel Raum für Unsicherheiten, Zweifel und Ängste. Und diese wird das Gehirn bei Überbelastung und Spannungen mit Unterstellungen und Stigmatisierungen füllen – eine exzellente Grundlage für die Entstehung eines Dreiecks des Misstrauens.
Schaffe ich wiederum ganz bewusst Gelegenheiten sowohl für ein geselliges Beieinander und Teambuilding, bereite ich den Boden für eine solide Vertrauensgrundlage. Diese Gelegenheiten liefern ganz nebenbei eine hohe Dichte an verbalen und nonverbalen Hinweisen über das Innenleben der Anderen. Sind meine Mitarbeiter sich auch persönlich vertraut, wird nicht nur im ganz normalen Berufsalltag ihre Kooperationsbereitschaft, Lösungsorientierung und Lust an der Verantwortungsübernahme steigen. Das Wohlwollen und die Nähe, die in diesen Räumen erzeugt wird, werden helfen mich und mein Team über schwierige Gewässer sicher zu tragen.
Mit Vertrauensbrücken neue Wege gehen
Verantwortungsübergabe kann ebenso wenig wie ein kooperatives und lösungsorientiertes Miteinander ohne Vertrauen gelingen. So sind in der heutigen Arbeitswelt robuste Vertrauensbrücken eine zentrale Erfolgsfaktor. Für Agilität, New Work sowie Führung auf Distanz sind sie eine unverzichtbare Voraussetzung. Falls Sie sich Unterstützung auf diesem Weg wünschen, stehen wir Ihnen gerne als Sparringspartner und Berater zur Seite.
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